Mit 74 und einem Totenkopfring hat sich Heino auf Platz 1 der deutschen Album- Charts gerockt. Im Interview mit Conny Bischofberger spricht er über Pop und Enzian, Hitler und Kruppstahl und einen inszenierten Erfolg.
Ja, ja, so blau, blau, blau blüht der Enzian, wenn beim Alpenglüh‘n wir uns wiedersehn, mit ihren ro-ro-ro-roten Lippen fing es an, die ich nie vergessen kann... Bevor Heino abhebt, ertönt sein Evergreen als Klingelton. "Hallöchen!", singt er, irgendwo zwischen Cottbus und Magdeburg, ins Telefon. 12.000 Kilometer tourt er mit seiner Hannelore (und Chauffeur) quer durch ganz Deutschland. Seit er den Hard-Rocker von der Leine lässt, ist der immerhin schon 74-jährige, semmelblonde Volksmusik-Barde gefragter denn je.
"Wir sitzen grad im Wohnwagen und trinken Käffchen", erzählt Heino, "und später essen wir vielleicht auch noch ein Stückchen Kuchen." Er mag dieses langsame Tuckeln und hat alle Zeit der Welt für unser Interview.
Sagen Sie bloß, Sie tragen auch  Lederjacke beim Käffchentrinken?
  Logisch! Das  ist ja gar nichts Neues. Ich habe immer Lederjacke getragen. Dazu muss man aber  auch die Figur haben. Die trainiere ich. Ich habe immer noch meine 81 Kilo bei  1,78 Meter.
Neu ist nur der Totenkopfring. Was  soll uns der sagen?
  Den hat  Hannelore in Florida für mich gekauft. Der passt einfach zu meinem neuen Album.
Mit 74 Jahren stürmen Sie derzeit  die Album- Charts. Und zwar mit Coverversionen von Pophits. Ist Ihnen nichts  mehr eingefallen?
  Wissen Sie, mich hat einfach gestört, dass es immer hieß: Der Heino, der singt  doch nur für ältere Leute. Weil das völliger Quatsch ist! In meinen Konzerten  waren immer viel mehr junge Leute, als man annimmt. Die kennen zwar den Enzian,  die schwarze Barbara und Mohikana Shalali, aber ich wollte für sie noch ein  bisschen moderner sein, und deshalb singe ich jetzt das Programm von Rammstein,  den Ärzten, Nena, von Westernhagen und wie sie alle heißen. Aber es ist im  Grunde genommen ja nicht schwer, das zu tun.
Schwingt da ein wenig Herablassung  mit?
  Nein, die Songs sind gut, aber sie bewegen sich maximal in einer Oktave. Das  kann ich nach Noten ganz leicht runtersingen. Mein Enzian geht über drei  Oktaven, das ist schon mal ne andere Hausnummer zu singen, genauso wie Schubert,  Bach oder Mozart. Die Jungs denken natürlich, sie hätten die Musik erfunden...
Die "Jungs" sind auch  ziemlich sauer, dass Heino sie covert und damit auch noch Erfolg hat.
  Die waren natürlich nicht davon begeistert.  – Kichert. – Da kommt jetzt  ein Volksmusiker und dringt in ihre Materie ein. Aber sie können das ja nicht  verhindern, und weil sie die Rechte an den Liedern haben, kriegen sie jetzt mal  ein schönes Pfund. Also sollen sie schön ruhig sein.
Hauptsache, Ihr Kalkül geht auf?
  Erfolg kann man nicht kalkulieren. Als ich 1988 meinen Enzian- Rap gemacht  habe, bin ich auch von null in die Top 10 gekommen. Man muss sich als Musiker  immer wieder neu erfinden, sonst bleibt man auf der Strecke. 
Sind Sie jetzt King of Rock?
  Danke für die Blumen! Als 74- Jähriger freut man sich schon, wenn man so viele  Downloads hat. Ich hatte immer gehofft, dass ich noch mal was mache, aber dass  es so schnell gelingen würde, damit habe ich nicht gerechnet.
Andere züchten mit 74 Rosen...
Ich brauche keine Rosen zu züchten, ich habe meine Rose, die Hannelore. Wir  sind jetzt 34 Jahre verheiratet und haben immer alles zusammen gemacht. Nun  erfreuen wir uns an einem turbulenten Leben und es macht uns einen Heidenspaß. – Im Hintergrund gibt Hannelore  lautstarke Kommentare ab.
Hat Hannelore nicht gesagt: "Um  Gottes Willen, Heino, das tun wir uns jetzt nicht mehr an?"
        Nee, das hat sie nicht gesagt. Obwohl sie ein bisschen Knieprobleme hat. Vor ein  paar Wochen ist sie mal gestürzt und hat sich die Schulter verrenkt. Das ist  aber alles so weit behoben. Ich pflege sie ja und sie pflegt mich. Sie war nur  skeptisch gewesen, ob das beim Publikum ankommt. Ich habe gesagt: "Ich  weiß es auch nicht." Dass es so ein Medienspektakel wird, das hat uns  beide überrascht.
Für Ihren Spruch, Sie seien  "hart wie Kruppstahl" mussten Sie viel Kritik einstecken. War Ihnen  nicht bewusst, dass da sofort Nazi- Vorwürfe kommen würden?
	    Das ist so gequirlter Müll! Als ich in den 60er- Jahren angefangen habe zu  singen, haben einige Zeitungen auch blöd geschrieben, weil ich blond war und  blaue Augen habe... Warum soll ich nicht sagen, dass ich hart wie Kruppstahl  und flink wie ein Turnschuh bin?
"Hart wie Kruppstahl"  stammt von Hitler.
      Aber "flink wie ein Turnschuh" stammt von Heino!
Wie gefallen Ihnen die  österreichischen Volksmusik- Stars Andreas Gabalier und DJ Ötzi?
      Ich bin mit beiden befreundet. Mit Andreas und Gerry ist so richtig Salz in die  Volksmusik- Suppe gekommen, und das finde ich schön.
Ihr Markenzeichen ist seit jeher die  schwarze Sonnenbrille und das blonde Haar. Wie muss man sich den ganz privaten  Heino vorstellen?
      Die ersten fünf, sechs Jahre gab es den Heino ja noch ohne Brille. Dann habe  ich eine Augenkrankheit bekommen und seither muss ich diese Brille tragen. Ohne  Brille gibt es mich nur in der Nacht, wenn ich schlafe. Was meine Frisur  betrifft: Jeder weiß, dass ich ein Haarteil trage. Ich mache da keinen Zirkus  draus. Viele meiner Kollegen aus dem Showgeschäft haben Haarteile getragen. Nur  haben sie's nicht zugegeben.
Hannelore war in 50 Jahren  Showgeschäft immer an Ihrer Seite. Was ist das Geheimnis Ihrer Ehe?
      Vielleicht, dass wir beide musische Menschen sind. Zum ersten Mal haben wir uns  1972 bei der Miss-Austria-Wahl in Kitzbühel gesehen. Damals waren wir beide  noch verheiratet. 1977 sah ich sie bei einer Fernsehsendung wieder. Seit damals  sind wir zusammengeblieben. Hannelore ist der Topf und ich bin der Deckel.
Haben Sie auch etwas  Österreichisches von ihr angenommen?
      Was ich angenommen habe, ist, Österreich als meine Heimat anzuerkennen. Ich  fühle mich in Kitzbühel zu Hause - so wie in Bad Münstereifel. Das Schöne ist:  Wenn Deutschland gegen Österreich im Fußball gewinnt, dann kann ich sagen:  "Wir haben gewonnen." Wenn Österreich diesen Sonntag einen Oscar  gewinnt, dann kann ich auch sagen: "Wir haben einen Oscar gewonnen!" 
Gemeinsam sind Sie fast 150 Jahre  alt. Ist da manchmal der Gedanke da, wer als Erster von Ihnen gehen muss?
      Ja... Ich hoffe, dass ich das bin. Ich könnte das gar nicht ertragen, wenn  Hannelore eher stirbt. Am liebsten wäre mir, wenn wir auch das zusammen machen  könnten. Schön abends im Bettchen einschlafen und morgens einfach nicht mehr  aufwachen. Aber vorher wünschen wir uns noch 20 schöne Jahre. 
24. Februar 2013, erschienen in der KRONE
  
