Er macht mich echt wuschig
Katja Kessler

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Buchautorin Katja Kessler über dressierte Männer, trickreiche Frauen und ihr eigenes „Schatzi“, den deutschen Bild-Chef.

Mit ihren schonungslosen und zum Lachen komischen Ehe-Bekenntnissen ist sie momentan Gast in fast jeder deutschen Talkshow: Katja Kessler, ehemalige Bild-Kolumnistin, heute Buch-Autorin und bekennende „Pseudo-Emanze“ (Eigendefinition). Wir telefonieren mittags um 12, sie sitze mit Kopfhörern im Ohr zu Hause in Berlin-Potsdam. „Ich erledige beim Telefonieren nämlich gern Sachen nebenbei, zum Beispiel Schreibtisch aufräumen.“ Ab und zu kommt einer ihrer Nachwuchsmänner vorbei, den schickt Mami dann zu Omi, die praktischerweise im Haus wohnt.
Katja Kesslers Buch „Der Tag, an dem ich beschloss, meinen Mann zu dressieren“ liest sich wie eine Göttergatten-Bedienungsanleitung für überforderte Ehefrauen. Kommt noch dazu, dass sie nicht irgendeine Ehe führt, sondern demnächst Rosenhochzeit (zehnjähriges Ehe-Jubiläum) mit einem der mächtigsten Medienmänner Deutschlands, Bild-Chef Kai Diekmann, feiert.

Dressieren wird im Duden so erklärt: Einem Tier – Hund, Pferd, Tiger – Kunststücke beibringen. Um welches Exemplar handelt es sich denn bei Ihrem Ehemann?
Irgendwas zwischen Hündchen und Esel. – Gekichere. – Nein, im Ernst: Ich geh’ morgen in eine Fernsehsendung, und die stellen mir ’nen Esel bereit. Dem soll ich was beibringen. Ich hab’ ja den Verdacht, dass der Esel das schneller lernt als der Mann.

Was soll der Mann denn lernen?
 Sitz! Aus! Brav! – Lacht wieder. – Mann mag klare Ansagen, Leckerlis und Kraulen.

Und wie dressiert man ihn?
Lass ihn seinen Tatort gucken, fütter ihn ausreichend, und bei den wirklich wichtigen Dingen lass nicht locker. Zum  Beispiel, dass er ab und zu mit dir reden muss. Männer sind der Meinung: Ich sitz’ ja neben dir, das ist schon Beweis genug dafür, dass ich dich mag. Aber zwei Mal wöchentlich sollte er auch ein paar Sätze sagen.

Welches Frauenbild steckt denn hinter der Idee, den Mann wie ein Hündchen zu halten und sich dabei das zu holen, was Frau möchte?
Ich finde es total legitim, in einer Beziehung mit unlauteren Mitteln und fiesen Tricks zu arbeiten. Einer ist zum Beispiel: Beim Streiten zur richtigen Zeit zu weinen. Der ultimative Männerkiller!  Welches Frauenbild dahintersteckt? Ein Ehemann ist ein Rohstoff, kein Fertigprodukt. Ich muss meinen Rohdiamanten halt ein wenig schleifen.

Im Buch ist Ihr Ehemann das „Schatzi“. Nennen Sie ihn denn tatsächlich so?
Nö. . . Meine Namen wechseln. Und außerdem wimmelt’s in unserer Nachbarschaft schon von lauter Hasis, Mausis und Bärchens.


Ist es einem Chefredakteur nicht peinlich, dass sein ganzes Familienleben in einem Buch ausgebreitet wird?
Nein, er ist geläutert.  Nach der Lektüre des Buches rief er aus: „Jetzt muss ich mich von mir selber scheiden lassen, weil mir klar geworden ist, was  ich alles falsch mache!“  Und natürlich knuffen ihn ab und an auch seine Freunde in die Seite – nach dem Motto: „Sag’ mal, was hat denn deine Frau da geschrieben?“ Aber es ist nicht so, dass er darüber in Depressionen verfällt.

Sondern?
Er unterstützt mich maximal. Und er kann lachen. Ich bin ja außerdem so ’ne Pseudo-Emanze. Ich würde nicht gegen seinen erklärten Willen Dinge tun. Obwohl er mich total wuschig macht.

Ist das was Unanständiges?
Nein! Das heißt verrückt. Der Kerl macht mich verrückt.

Glauben Sie, dass eine  ganz normale Frau, die vielleicht 1500 Euro verdient, mit Ihrem Buch was anfangen kann?
Na klar! Es geht um  so typische Frauenneurosen. Zum Beispiel du hast Besuch und die ganze Zeit guckst  du: Hat  jeder Kaffee in der Tasse und Torte auf dem Teller? Während dein Kerl mitten im größten Chaos ignorant fordert: „Nun setz dich doch mal! “

Den „Muttis“ geht es in Ihrem Buch ziemlich an die Wäsche ...
Mütter untereinander sind manchmal echt streng, so perfektionistisch. Ich würde mir mehr Solidarität wünschen. Zum Beispiel gibt es unter frisch gebackenen Mamis eine heimliche Flunker-Olympiade – die erzählen sich zum Beispiel sehr gerne: „Also, mein Baby schläft ja schon durch!“ Dabei stimmt das oft überhaupt nicht.

Wären Sie so erfolgreich, wenn Ihr Mann nicht Bild-Chef wäre?
Tja, das frag’ ich mich auch! Weil, dann hätte ich ja niemanden, über den ich so hundsgemeine Geschichten schreiben könnte!  Wobei es in meinem Buch nicht nur um die Kerle geht. Es ist definitiv ein Frauenbuch.

Sie haben zwei Töchter und zwei Söhne. Was für Männer ziehen Sie groß?
Kolja und Caspar werden am Bügelbrett ausgebildet und belegen Kurse „Wie bediene ich den Putzlappen?“ Ich bin mir aber nicht sicher, ob das von Erfolg gekrönt ist. Die haben schon ziemlich viel Macho in und an sich!

Neigen Frauen dazu, Machos heranzuzüchten?
Ehrlicherweise ist es so: Dein Mann ist das Ergebnis des Scheiterns deiner Schwiegermutti. So wie sie ihn vermurkst hat, so musst du mit ihm die nächsten fünfzig Jahre zusammenleben. Das setzt mich natürlich bei meinen Söhnen in die Pflicht...

Ist noch ein fünftes Kind geplant?
Wenn’s gut läuft, könnten wir uns bestimmt noch 20 vorstellen. Wenn’s schlecht läuft, stopfen wir unsere  vier ins Auto, bringen sie ins Tierheim und tauschen sie gegen Meerschweinchen.

Humor als Überlebensstrategie?
Ich mag gern lachen. Tage, an denen ich mich über mich selber amüsieren kann, sind die besten.  Außerdem bin ich ja so eine Frau, ich nerve meinen Kerl nicht mit Hochzeitstagen. Also, ich glaub’, ich wäre gern mit mir verheiratet.

Ihr Tipp für junge Frauen?
Lachen! Das macht erotisch!

23. April 2011, erschienen im KURIER